Science Based Targets: Klimaziele mit Wirkung

Science Based Targets: Klimaziele mit Wirkung

Science Based Targets: Klimaziele mit Wirkung 640 427 Nora Emig


Science Based Targets – was ist das? Und inwiefern sind sie überhaupt relevant für Unternehmen? Prinzipiell können Science Based Targets (kurz: SBT) Unternehmen helfen, klimafreundlich und zukunftssicher zu handeln. Denn immer mehr Unternehmen setzen sich ambitionierte Klimaziele – doch wie stellt man sicher, dass diese auch wirklich wirksam sind? Science Based Targets bieten einen wissenschaftlich fundierten Ansatz zur Reduktion von CO₂-Emissionen und helfen Unternehmen, sich an den globalen Klimazielen auszurichten. Dazu ist ein umfassendes Verständnis von Science Based Targets im Allgemeinen, aber auch wie die Science Based Targets Initiative funktioniert, notwendig. Aufbauend darauf gibt es verschiedene Tipps zur praktischen Umsetzung und zum Umgang mit Herausforderungen.

Science Based Targets Laptop

Science Based Targets – Definition, Ursprung und Initiative 

Science Based Targets helfen Unternehmen, ihre Emissionen im Einklang mit globalen Klimazielen zu senken. Als kontrollierende Instanz der Umsetzung wirkt dabei die Science Based Targets Initiative (SBTi).

Definition und Ursprung der SBTs

Science Based Targets sind wissenschaftlich fundierte Klimaziele, die Unternehmen helfen, ihre Treibhausgas-Emissionen im Einklang mit den gesteckten Vorgaben des Pariser Klimaabkommen zu reduzieren. Sie basieren auf aktuellen Klimadaten und Berechnungen, die sicherstellen, dass Unternehmen ihren notwendigen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad leisten. Die Idee entstand aus der Notwendigkeit, verbindliche und messbare Reduktionsziele zu setzen, die über reine Selbstverpflichtungen hinausgehen. Für Unternehmen sind SBTs nicht nur ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, der erhebliche Schäden für das Klima eindämmen soll, sondern auch ein strategischer Vorteil: Sie verbessern die Wettbewerbsfähigkeit, bauen eine zukunftsfähige Vision ihres Unternehmens, erfüllen notwendige regulatorische Anforderungen und stärken damit das Vertrauen von Investoren, Kunden und anderen Stakeholdern.  

Die Rolle der SBTi

Die Science Based Targets Initiative wurde 2015 von vier Organisationen ins Leben gerufen: dem CDP (Carbon Disclosure Project), dem UN Global Compact, dem World Resources Institute (WRI) und dem WWF. Aus diesen Initiativen wurde ein globales Team gebildet. Dieses ermöglicht es Unternehmen, Reduktionspläne festzulegen, die sicherstellen, dass sie mit den neuesten Erkenntnissen der Klimaforschung übereinstimmen. Dabei ist es der SBTi möglich auf die individuellen Anforderungen der unterschiedlichen Branchen einzugehen. Unternehmen reichen ihre Zielvorschläge ein, die dann nach festen Kriterien geprüft werden. Dabei analysiert die SBTi unter anderem, ob die geplanten Emissionsreduktionen ausreichen, um das 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen. So sorgt die Initiative für Transparenz und Glaubwürdigkeit in der Unternehmenswelt und hilft dabei, globale Klimaschutzmaßnahmen effektiv voranzutreiben.

Umsetzung von Science Based Targets in Unternehmen

Bei der Umsetzung von SBTs in Unternehmen gibt es verschiedene Ansätze, die herangezogen werden können: Top-Down oder Bottom-Up. 

Top Down-Ansatz vs. Bottom-Up-Ansatz

Beim Top-Down-Ansatz werden übergeordnete Reduktionsziele für das gesamte Unternehmen festgelegt, die dann auf einzelne Abteilungen oder Geschäftsbereiche aufgeteilt werden. Dies sorgt für eine strategische Ausrichtung, kann aber in der Umsetzung herausfordernd sein, wenn es an spezifischen Reduktionsplänen fehlt. Der Bottom-Up-Ansatz hingegen beginnt auf operativer Ebene, indem konkrete Maßnahmen in einzelnen Bereichen oder Standorten definiert und anschließend zu einem Gesamtziel zusammengeführt werden. Diese Methode kann flexibler sein, birgt aber das Risiko, dass das Gesamtziel nicht hoch genug gesteckt ist.  

Scope 1,2,3 

Ein zentrales Element der SBTs ist die Berücksichtigung der drei Scope-Emissionen gemäß dem Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protocol). Die drei Scopes (1,2 und 3) sind entscheidend für die Umsetzung von SBTs, da sie eine strukturierte und standardisierte Erfassung der CO₂-Emissionen ermöglichen. Sie helfen Unternehmen dabei, genau zu verstehen, wo ihre Emissionen entstehen, um gezielt wirksame Reduktionsmaßnahmen zu entwickeln.

Scope 1 umfasst dabei direkte Emissionen aus eigenen oder kontrollierten Quellen, etwa durch unternehmenseigene Fahrzeuge oder Produktionsanlagen. Scope 2 beinhaltet indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie, wie Strom oder Wärme. Scope 3, der oft am schwierigsten zu erfassen ist, berücksichtigt alle weiteren, vor- und nachgelagerten, indirekten Emissionen entlang der Wertschöpfungskette. Dazu zählen beispielsweise auch Emissionen, die durch die Nutzung verkaufter Produkte oder durch die Lieferkette entstanden sind. Da Scope 3-Emissionen in vielen Branchen den größten Anteil ausmachen, sollten Unternehmen hier eine groß angelegte Erfassung durchführen, um effiziente und realistische Reduktionspläne zu erstellen. 

Diese Anforderungen sind streng und basieren auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Unternehmen müssen sich verpflichten, ihre Emissionen in Übereinstimmung mit dem 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens zu reduzieren. Dabei werden sektor- und branchenspezifische Reduktionspfade berücksichtigt. Ein wichtiger Aspekt der SBT-Methodik ist, dass Unternehmen keine externen CO₂-Zertifikate zur Zielerreichung anrechnen dürfen. Aktuelle Studien zeigen, dass solche Zertifikate oft weniger wirksam sind, als bisher angenommen. Unternehmen können ihre Emissionen also nicht durch den Kauf von Kompensationen (z. B. Aufforstungsprojekte oder Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette) ausgleichen, sondern müssen tatsächliche Reduktionen innerhalb des Unternehmens und seiner Lieferkette erzielen. Dadurch beruhen die gesetzten Ziele nicht nur auf finanziellen Ausgleichsmechanismen. Unternehmen können sich nicht von klimafreundlicher Verantwortung „frei kaufen“,  sondern müssen echte, messbare Emissionssenkungen vorweisen. 

Scope Emissionen

Net-Zero-Ziele vs. Science Based Targets

Eine Ausnahme stellen die sogenannten Net-Zero-Ziele dar. Net-Zero-Ziele meinen prinzipiell, dass genauso viel Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt wird, wie produziert wird. Während für kurzfristige SBTs (Near-Term Targets) keine externen CO₂-Kompensationen anerkannt werden, erlaubt die SBTi für Net-Zero-Ziele (also langfristige Klimaneutralität) in begrenztem Umfang sogenannte „Beyond Value Chain Mitigation“-Maßnahmen. Das bedeutet, dass Unternehmen zusätzlich und außerhalb ihrer Wertschöpfungskette in Klimaschutzprojekte investieren können, um über ihre eigenen Reduktionen hinaus einen positiven Beitrag zu leisten – allerdings nur ergänzend und nicht als Ersatz für interne Emissionssenkungen.

Die Implementierung von Science Based Targets in die Unternehmensstrategie

Für eine erfolgreiche Umsetzung müssen Unternehmen zunächst ihre Emissionen systematisch erfassen und messen. Dies geschieht in der Regel durch eine CO₂-Bilanzierung nach dem Greenhouse Gas Protocol. Die dafür notwendige Erfassung der Scope 1,2 und 3-Emissionen erfolgt durch interne Datenquellen wie Energieverbrauch, Produktionsprozesse und Lieferkettenanalysen. Basierend auf diesen Daten können Unternehmen realistische und messbare Reduktionszieln entwickeln. Da eine solche Erfassung in der Regel zeitaufwendig ist und viele Ressourcen verbraucht, ist es oft hilfreich, sich durch spezialisierte Experten unterstützen zu lassen. 

Die generierten Ziele müssen außerdem im Einklang mit wissenschaftlichen Klimamodellen stehen, gleichzeitig ambitioniert, aber auch umsetzbar sein. Damit SBTs langfristig erfolgreich wirken, ist es essentiell, sie auch tatsächlich in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Das bedeutet, dass Klimaziele nicht isoliert betrachtet werden, sondern aktiv in Geschäftsentscheidungen, Investitionen und Prozesse einfließen. Unternehmen stehen dabei zunehmend unter regulatorischem Druck: Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet viele Unternehmen in der EU dazu, ihre Klimaziele und Fortschritte detailliert offenzulegen. Dadurch gewinnen Transparenz und eine strategische Verankerung der SBTs an Bedeutung. Zudem sollten Unternehmen ihre Fortschritte regelmäßig messen, transparent berichten und Mitarbeitende sowie Stakeholder in die Umsetzung einbinden. So wird der Klimaschutz zu einem festen Bestandteil der Unternehmensstrategie und trägt langfristig zu einer erfolgreichen Transformation bei.

Vorteile von SBTs für Unternehmen

Nachhaltiges Wirtschaften durch die Umsetzung von SBTs bietet Unternehmen zahlreiche Wettbewerbsvorteile. Sie positionieren sich damit als Vorreiter im Klimaschutz und sprechen zunehmend umweltbewusste Kunden und Investoren an. Zudem erfüllen sie regulatorische Anforderungen wie die CSRD und sichern so langfristig die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Durch einen effizienteren Ressourceneinsatz können Unternehmen außerdem nicht nur Klimaauswirkungen reduzieren, sondern auch Kosten senken und ihre Betriebseffizienz steigern. Nicht zuletzt trägt die Umsetzung von SBTs zur Stärkung der Reputation bei und fördert das Vertrauen von Stakeholdern, einschließlich Kunden, Investoren und Mitarbeitenden, die zunehmend Wert auf nachhaltige Unternehmenspraktiken legen.

Herausforderungen von SBTs für Unternehmen

Als herausfordernd stellen sich oftmals fehlende oder unvollständige Emissionsdaten entlang der Lieferkette dar, was eine präzise Erfassung und Reduktion erschwert. Darüber hinaus setzen viele Unternehmen unrealistische oder nicht messbare Ziele, die schwer zu erreichen sind und keine tatsächlichen Emissionseinsparungen erzielen. Ein weiteres Problem ist die fehlende Integration der Klimaziele in die Geschäftsstrategie, was dazu führen kann, dass die Maßnahmen isoliert bleiben und nicht die notwendige Unterstützung aus allen Bereichen des Unternehmens erhalten. Dadurch wird es schwerer, Nachhaltigkeit als langfristiges Ziel fest im Unternehmen zu verankern und dementsprechend zu agieren. 

Oftmals werden die SBTs zudem als zu anspruchsvoll und schwer umsetzbar angesehen. Insbesondere kleinere Unternehmen, die nicht über die notwendigen Ressourcen und Daten verfügen, um präzise Emissionsmessungen durchzuführen, stehen vor Umsetzungsproblemen. Zudem steht die SBTi für nicht ausreichend branchenspezifische Flexibilität in der Kritik, was insbesondere Unternehmen in komplexen oder spezialisierten Sektoren vor Herausforderungen stellt.

Fazit

Die Umsetzung von SBTs stellt einen bedeutenden Schritt für Unternehmen dar, die ihren Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten möchten. Mit der Unterstützung der SBTi können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Klimaziele wissenschaftlich fundiert und mit den globalen Klimazielen vereinbar sind. Durch die präzise Erfassung von Emissionen, die Berücksichtigung der Scopes 1, 2 und 3 und die Entwicklung realistischer Reduktionsziele können Unternehmen nicht nur ihre Umweltbilanz verbessern, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Langfristig führen SBTs zu Kostensenkungen, einer stärkeren Marktposition und einer verbesserten Reputation bei Stakeholdern. Die Herausforderung liegt jedoch in der präzisen Datenanalyse und der Integration der Klimaziele in die gesamte Unternehmensstrategie, um den notwendigen Anteil zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens beizutragen.

FAQs 


Was sind Science Based Targets (SBTs) und warum sind sie wichtig für Unternehmen?

Science Based Targets sind wissenschaftlich fundierte Klimaziele, die Unternehmen dabei helfen, ihre CO₂-Emissionen im Einklang mit den globalen Klimazielen zu reduzieren. Sie sind wichtig, weil sie sicherstellen, dass Unternehmen ihren Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C leisten, was nicht nur dem Klima zugutekommt, sondern auch den Unternehmen Wettbewerbsvorteile und regulatorische Sicherheit verschafft.

Was sind Scope 1, 2 und 3 Emissionen und warum misst man sie? 

Scope 1 umfasst direkte Emissionen aus eigenen oder kontrollierten Quellen, wie etwa durch unternehmenseigene Fahrzeuge oder Produktionsanlagen. Scope 2 bezieht sich auf indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie wie Strom oder Wärme. Scope 3 umfasst alle weiteren indirekten Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen, zum Beispiel durch den Transport von Produkten oder die Nutzung von verkauften Produkten. Die Messung dieser Emissionen ist entscheidend, um die gesamten CO₂-Emissionen eines Unternehmens zu verstehen und gezielte Reduktionsstrategien zu entwickeln, die alle relevanten Quellen abdecken.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung von Science Based Targets? 

Zu den größten Herausforderungen gehören die fehlende oder unvollständige Erfassung von Emissionsdaten entlang der Lieferkette, unrealistische oder nicht messbare Ziele sowie die fehlende Integration der Klimaziele in die Gesamtstrategie des Unternehmens. Diese Hürden erschweren eine effektive und nachhaltige Umsetzung von SBTs.

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Über den Autoren

Nora Emig

Nora Emig ist Marketing-Expertin bei Klimahelden und spezialisiert auf ESG-Themen. Sie entwickelt Informationsmaterial, das Unternehmen umfassend auf die Anforderungen der CSRD-Berichterstattung vorbereitet.

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