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Geplant ist sie lange, doch die Umsetzung hakt. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union zielt darauf ab, die Transparenz und Verantwortlichkeit von Unternehmen in Bezug auf ihre Nachhaltigkeitspraktiken zu erhöhen. Ursprünglich sollte die Bundesregierung die CSRD bis zum 6. Juli 2024 in deutsches Recht umsetzen. Doch die Bundesregierung konnte bis Ende 2024 keine Einigung über die nationale Umsetzung erzielen. Das Ergebnis: erhebliche Rechtsunsicherheit für Unternehmen, die ab dem Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtig sind. Aktuell gilt weiterhin das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) von 2017, und die Berichtspflichten gemäß Artikel 8 der EU-Taxonomieverordnung bleiben unverändert bestehen.
Die EU-Kommission arbeitet zusätzlich aktuell an einer Omnibus-Richtlinie, die bestehende Nachhaltigkeitsregulierungen, darunter die CSRD, zusammenführen und teilweise vereinfachen soll. Gleichzeitig hat die Bundesregierung im Dezember 2024 der EU-Kommission neue Vorschläge unterbreitet, um die Anforderungen der CSRD zu reduzieren. Was genau die Bundesregierung fordert, wie der aktuelle Stand der CSRD aussieht und welche Probleme daraus für Unternehmen entstehen, erfahren Sie hier.

CSRD-Verschiebung und geplante Änderungen im Regierungsentwurf
Der Regierungsentwurf der Bundesregierung aus dem Dezember 2024 enthält mehrere Änderungen, die sowohl die Anforderungen an Unternehmen als auch die Verfahren zur Berichtserstattung betreffen. Folgende Anpassungen werden gefordert (Quelle: Table Media):
Zulassung zusätzlicher Prüforganisationen:
- Künftig sollen neben Wirtschaftsprüfern auch technische Sachverständige (z.B. TÜV, Dekra) CSRD-Berichte prüfen dürfen.
- Diese Erweiterung könnte den Prüfungsmarkt vergrößern und die Berichtspflichten für Unternehmen flexibler gestalten.
ESEF-Format nur für die Veröffentlichung:
- Die Bundesregierung schlägt vor, das ESEF-Format nur für die Veröffentlichung von Reports verpflichtend zu machen, nicht jedoch für deren Erstellung.
- Dies folgt der Kritik von Unternehmen und Verbänden zum hohen technischen Aufwand einer frühzeitigen Einführung.

Anpassung der Übergangsfrist für Unternehmen:
- Verschiebung der Berichtspflichten für große Unternehmen: Unternehmen, die ab 2025 berichten müssen, sollen ihren ersten Bericht erst 2027 einreichen.
- Zulieferer großer Unternehmen profitieren ebenfalls von dieser Verschiebung.
- Kleinere Unternehmen (ab 2026 berichtspflichtig) erhalten ebenfalls eine Fristverlängerung von zwei Jahren.
Anhebung der Definition „großer Unternehmen“:
- Unternehmen gelten künftig als groß, wenn sie einen Umsatz von 450 Millionen Euro (statt 50 Millionen) und 1000 Mitarbeiter (statt 250) haben.
- Diese Änderung reduziert die Zahl der betroffenen Unternehmen und verringert den administrativen Aufwand.
Reduzierung der Datenpunkte:
- Der Entwurf schlägt vor, die Zahl der Datenpunkte (z.B. zu Treibhausgasemissionen und Artenvielfalt) signifikant zu verringern.
- Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) für große KMUs könnten nur die Hälfte der ursprünglich geforderten Kriterien ersetzen.
Vermeidung zusätzlicher Taxonomie-Pflichten:
- Die Green Asset Ratio (GAR) im Finanzsektor wird als zusätzliche Taxonomie-Pflicht kritisch betrachtet, da sie angeblich keine geeigneten Steuerungsmechanismen für die Transformation der Branche bietet.

Zusätzliche Verschiebung durch Omnibus
Die Omnibus-Regelung ist ein aktuelles Vorhaben der EU-Kommission, das darauf abzielt, verschiedene Nachhaltigkeitsrichtlinien, darunter die CSRD, CSDDD und die EU-Taxonomie, in einer übergeordneten Verordnung zusammenzufassen und teilweise zu vereinfachen. Ziel ist es, die regulatorische Last für Unternehmen zu reduzieren und die Berichtsanforderungen klarer zu strukturieren.
Die geplanten Änderungen
Klarheit für alle Akteure soll es am 26. Februar 2025 geben. Dann plant die Europäische Kommission, das Omnibus-Paket vorzustellen. Bereits Ende Januar 2025 veröffentlichte die Europäische Kommission den „EU Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“. In diesem Strategiepapier finden sich einige Hinweise auf die Richtung, auf die eine Omnibus-Initiative zusteuert.
- Das große Ziel soll es sein, die Berichtspflichten für Unternehmen um 25 Prozent zu reduzieren.
- Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist sogar eine Reduktion um 35 Prozent vorgesehen.
- Doch das ist nicht alles: Zusätzlich sollen die Schwellenwerte für die Berichtspflicht angehoben werden, um kleinere Unternehmen („kleine Mid-Caps“) bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entlasten.
Durch die Anpassung der Schwellenwerte könnten weniger weniger Unternehmen unter die Berichtspflicht fallen. Kritiker befürchten jedoch, dass eine solche Reform zu Transparenzverlusten, Wettbewerbsverzerrungen und Unsicherheiten in der Nachhaltigkeitsberichterstattung führen könnte. Die Omnibus-Verordnung sorgt für zusätzliche Unsicherheit, da Unternehmen nicht genau wissen, wie sie sich auf die bevorstehenden Änderungen vorbereiten sollen.
Beteiligung von Interessengruppen
Die Europäische Kommission hat Konsultationen mit verschiedenen Interessengruppen, einschließlich Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, durchgeführt, um Feedback zu den geplanten Änderungen einzuholen. Es besteht jedoch Kritik, dass diese Konsultationen nicht alle relevanten Akteure ausreichend einbeziehen.

Politische Unsicherheiten und die Folgen für Unternehmen
Der rechtliche Rahmen für die CSRD-Umsetzung in Deutschland bleibt weiterhin unklar. Die Bundesregierung musste bis spätestens Ende Dezember 2024 eine Stellungnahme gegenüber der EU-Kommission abgeben und darlegen, warum die nationale Umsetzung bislang verzögert wurde. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines laufenden Vertragsverletzungsverfahrens,, da die Frist zur Umsetzung der CSRD bereits im Juli 2024 abgelaufen ist.
Zusätzlich sorgt die geplante Omnibus-Verordnung der EU-Kommission für weitere Unsicherheiten. Diese könnte zu einer Anpassung der Schwellenwerte führen, wodurch möglicherweise weniger Unternehmen unter die CSRD-Pflicht fallen. Gleichzeitig besteht das Risiko, dass durch die angestrebte Vereinfachung wesentliche ESG-Standards abgeschwächt werden, was Unternehmen vor die Herausforderung stellt, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung langfristig strategisch auszurichten, ohne zu wissen, welche Anforderungen letztendlich gelten werden.

Mögliche Auswirkungen der CSRD Verschiebung auf Unternehmen
Die anhaltenden Verzögerungen in der CSRD-Umsetzung und die parallele Diskussion um die Omnibus-Verordnung der EU führen zu einer wachsenden Rechtsunsicherheit für Unternehmen. Ohne eine klare EU-weite und nationale Gesetzgebung müssen Unternehmen weiterhin auf die alte CSR-Richtlinie zurückgreifen, die nicht die gleichen Anforderungen an die Berichterstattung stellt. Das bedeutet, dass Unternehmen, die ab dem Geschäftsjahr 2024 zur Berichterstattung verpflichtet sind, diese zwar formal erfüllen müssen, jedoch nicht den detaillierten Anforderungen der CSRD und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) entsprechen. Dies kann zu Inkompatibilitäten in der Berichterstattung führen, insbesondere für Unternehmen, die international tätig sind und mit unterschiedlichen regulatorischen Anforderungen in der EU umgehen müssen.
Wachsende Unsicherheit
Die geplante Omnibus-Verordnung verstärkt diese Unsicherheit zusätzlich, da unklar ist, welche Schwellenwerte und Berichtspflichten künftig gelten werden. Falls die CSRD-Anforderungen gelockert oder die Schwellenwerte angehoben werden, könnten viele Unternehmen aus der Berichtspflicht herausfallen, was sich negativ auf Datenkonsistenz, Transparenz und die Vergleichbarkeit von ESG-Berichten auswirken könnte.
Sämtliche geplanten Änderungen könnten dazu führen, dass weniger Unternehmen unter die Berichtspflicht fallen. Noch viel wichtiger: Letztlich könnten die Anforderungen an die Berichterstattung vereinfacht werden – das wiederum würde den administrativen Aufwand möglicherweise erheblich reduzieren.
Allerdings besteht auch das Risiko, dass durch die angestrebte Vereinfachung wesentliche ESG-Standards abgeschwächt werden. Das stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung langfristig strategisch auszurichten, ohne zu wissen, welche Anforderungen später gelten werden. Die geplanten Vereinfachungen führen eventuell zu einer Verwässerung der Nachhaltigkeitsstandards. Während einige Unternehmen und Mitgliedstaaten wie Frankreich und Deutschland eine Verschiebung oder Lockerung der Richtlinien fordern, warnen andere vor den negativen Auswirkungen einer solchen Deregulierung auf Umwelt- und Sozialstandards.
Bürokratische Hürden
Diese Unsicherheit erschwert es Unternehmen, sich auf die neuen Berichtsanforderungen vorzubereiten. Zudem fehlt es an einer klaren Definition der relevanten Datenpunkte, die in den Berichten enthalten sein sollen. Dies stellt insbesondere für kleinere Unternehmen eine Herausforderung dar, die weniger Ressourcen für die Anpassung ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung haben. Die verspätete Umsetzung könnte daher nicht nur zu weiteren bürokratischen Belastungen führen, sondern auch das Vertrauen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Ziele der EU gefährden. Zudem erhöht die Unsicherheit die Gefahr von Fehlinvestitionen, da Unternehmen möglicherweise Ressourcen in Berichtssysteme investieren, deren Anforderungen sich später noch verändern.
Weitere Folgen
1. Verpasse Klimaziele
Die CSRD ist ein zentraler Bestandteil der EU-Strategie zur Förderung von Nachhaltigkeit sowie zur Erreichung der Klimaziele des Green Deals. Verzögerungen in der Umsetzung gefährden die gesamte Nachhaltigkeitsagenda, da Unternehmen dadurch nicht rechtzeitig ihre Nachhaltigkeitsziele transparent und messbar machen können. Eine klare und umfassende Berichterstattung ist essenziell, um die Fortschritte in Richtung der EU-Klimaziele zu überwachen und zu steuern.
2. Negative Auswirkungen auf Investitionen
Investoren und Finanzmarktakteure brauchen detaillierte und transparente Informationen zu ESG-Kriterien, um fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen. Eine Verzögerung der CSRD-Umsetzung könnte zu einer Lücke in der Verfügbarkeit von konsistenten und vergleichbaren Nachhaltigkeitsdaten führen, was das Vertrauen in nachhaltige Investitionen beeinträchtigt. Laut der Europäischen Zentralbank erhöhen unzureichende ESG-Daten das Risiko von Fehlinvestitionen und untergraben die langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
3. Bürokratische Belastung und Kosten für Unternehmen
Die Unsicherheit und die ausbleibende Klarheit über die genaue Umsetzung der CSRD führen zu einer erhöhten Bürokratie, die vor allem kleinere Unternehmen belastet. Ohne eine klare Definition der Anforderungen sind Unternehmen gezwungen, zusätzliche Ressourcen in die Vorbereitung auf eine zukünftige, möglicherweise geänderte Gesetzgebung zu investieren. Das könnte auch die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen, da Unternehmen in Ländern mit klaren Vorgaben schneller reagieren und agieren können.
4. Verlangsamung der Marktanpassung und Innovationsbremse
Eine verspätete CSRD-Umsetzung bremst die Entwicklung von nachhaltigeren Produkten und Geschäftsmodellen, da Unternehmen nicht ausreichend gefordert werden, ihre Nachhaltigkeitsstrategien zu offenbaren und kontinuierlich zu verbessern. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit der EU im globalen Markt, insbesondere im Vergleich zu Ländern wie den USA und China, negativ beeinflussen, wo Nachhaltigkeitsstandards teils schneller vorangetrieben werden.
5. Zunahme von Greenwashing
Ein weiteres Risiko ist die Zunahme von Greenwashing – also die Täuschung von Kunden und Investoren über die Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Ohne klare Berichterstattungsvorgaben könnten Unternehmen fälschlicherweise Nachhaltigkeitsansprüche aufstellen, ohne die notwendigen Beweise oder Daten vorzulegen. Greenwashing stellt eine wachsende Herausforderung dar, die das Vertrauen in nachhaltige Unternehmenspraktiken untergräbt.
6. Unzureichende Anpassung an die EU-Taxonomie
Die Verzögerungen könnten auch dazu führen, dass Unternehmen nicht rechtzeitig auf die Anforderungen der EU-Taxonomie vorbereitet sind, die als wesentlicher Bestandteil der nachhaltigen Finanzpolitik gilt. Unternehmen könnten Schwierigkeiten haben, die Anforderungen der EU-Taxonomie für umweltfreundliche Wirtschaftstätigkeiten zu erfüllen, was insbesondere den Finanzsektor betrifft. Das hemmt die Integration nachhaltiger Investitionen in den Markt und verlangsamt den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft.
Fazit
Die CSRD stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen, die durch die politische Unsicherheit und die Verzögerungen bei der nationalen Umsetzung noch verstärkt werden. Für Unternehmen, die von der Richtlinie betroffen sind, wird es zunehmend schwieriger, sich auf die neuen Berichtspflichten vorzubereiten. Das Blockieren der CSRD ist daher nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Hürde, die langfristig die Nachhaltigkeitsziele der EU und die Transparenzanforderungen für Unternehmen gefährden könnte. Es ist jetzt entscheidend, dass der Umsetzungsprozess schnell vorangetrieben wird, um die Unsicherheiten zu beseitigen und die Unternehmen bei der Anpassung an die neuen Regelungen zu unterstützen.
Die Verzögerung der CSRD-Umsetzung in Deutschland und die geplanten Änderungen durch das Omnibus-Paket führen zu Unsicherheiten für Unternehmen. Dennoch ist es entscheidend, dass betroffene Unternehmen proaktiv bleiben, um auf zukünftige Anforderungen vorbereitet zu sein und ihre Nachhaltigkeitsziele erfolgreich umzusetzen. Jetzt ist es wichtig, prüfsichere Strukturen und Prozesse für eine CSRD-konforme Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzubauen – und regulatorische Entwicklungen genau zu beobachten, um flexibel auf Änderungen reagieren zu können.

FAQ
1. Ist die CSRD in deutsches Recht umgesetzt?
Nein, die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in deutsches Recht steht noch aus. Der Entwurf zur nationalen Umsetzung der CSRD hängt derzeit im deutschen Parlament fest. Aufgrund politischer Verzögerungen konnte die Richtlinie noch nicht in die nationale Gesetzgebung übernommen werden.
2. Was passiert, wenn Deutschland die CSRD weiterhin blockiert?
Sollte Deutschland die CSRD weiterhin blockieren, entstehen Unsicherheiten und potenzielle rechtliche Risiken für Unternehmen. Ohne eine nationale Umsetzung müssen Unternehmen vorerst weiterhin auf die alte CSR-Richtlinie zurückgreifen, die weniger detaillierte Anforderungen stellt. Dies könnte zu einer Verzögerung bei der Einhaltung der europäischen Nachhaltigkeitsstandards führen und möglicherweise auch das Vertrauen von Investoren und anderen Stakeholdern beeinträchtigen.
3. Warum sollte ein Unternehmen trotzdem bereits mit der CSRD starten?
Auch wenn die nationale Umsetzung der CSRD noch nicht abgeschlossen ist, empfiehlt es sich für Unternehmen, bereits mit der Vorbereitung auf die CSRD-Berichterstattung zu beginnen. Frühes Handeln hilft, rechtzeitig eine transparente und vollständige Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzubauen und mögliche Unsicherheiten zu vermeiden. Unternehmen, die sich frühzeitig mit den Anforderungen auseinandersetzen, können sich Wettbewerbsvorteile sichern, indem sie ihre Nachhaltigkeitsstrategien optimieren und sich als verantwortungsbewusste Akteure auf dem Markt positionieren.
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